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Dem Feldhamster auf der Spur

Die nur 20 bis 35 Zentimeter großen Feldhamster (Cricetus cricetus) sind meist in der  Dämmerung aktiv. Bei hoher Bestandsdichte sieht man die Tiere auch tagsüber. Die Tiere leben in weit verzweigten, oft mehrere Meter langen und tiefen Gangsystemen mit Wohn- und Vorratskesseln. Die Schlafkammer wird mit weichem Material ausgepolstert. Benutzt sie der Hamster zur Überwinterung, so liegt sie nicht selten bis zwei Meter unter der Erdoberfläche. In ihrer Nähe befinden sich auch die Vorratskammern, die im Herbst mit durchschnittlich drei bis fünf Kilogramm Sämereien und Pflanzenmaterial aufgefüllt werden. Männchen und Weibchen bewohnen getrennte Baue. Sie sind gegeneinander unverträglich und bissig.

Neben Pflanzensamen, besonders Getreide, verschmäht der Hamster auch gelegentlich Insekten und selbst den einen oder anderen Jungvogel nicht. Transportable Nahrung wird in die dehnbaren Backentaschen gestopft und in den Vorratsbau gebracht.

Trächtige Weibchen findet man von April bis August. In guten Hamsterjahren gibt es zwei Würfe mit vier bis zwölf Jungen pro Wurf. Ist der Lebensraum hamstergerecht, können die Jungen schon nach vier Wochen den Mutterbau verlassen und sich bereits nach drei Monaten selbst wieder fortpflanzen. Diese hohe Fortpflanzungsleistung erklärt, weshalb Hamsterbestände früher geradezu explosionsartig anwachsen konnten.

Verbreitung in Hessen und im Main-Kinzig-Kreis.
Der Hamster besiedelte ehemals von Süden nach Norden ein relativ zusammenhängendes Gebiet von den Landkreisen Bergstraße und Groß-Gerau, über die Taunusregion und das Rhein-Maingebiet mit dem Main-Kinzig-Kreis bis in die Wetterau und den Landkreis Gießen hinein. Vorkommen gab es auch im Lahn-Dill Gebiet und im Amöneburger Becken. Ganz im Westen wurde die Region um Limburg besiedelt. In Osthessen konnten Feldhamster im Vogelsbergkreis, dem Kreis Fulda sowie dem Main-Kinzig-Kreis nachgewiesen werden. Ehemalige Einzelvorkommen sind aus dem Kreis Offenbach und dem Kreis Darmstadt-Dieburg und rund um Kassel bekannt. Mittlerweile hat dieses ehemalige Verbreitungsgebiet aber große Lücken. Der Feldhamster war noch vor wenigen Jahrzehnten als „Getreideschädling“ verhasst und fast ausgerottet. Nur die weichen Pelze der kleinen Nager waren begehrt. Kinder konnten sich für jedes gefangene Tier Prämien verdienen. Auch allerlei Gift wurde eingesetzt, um den Nahrungskonkurrenten den Garaus zu machen – mit großem Erfolg. Feldhamster starben in vielen Regionen Deutschlands und auch Hessen aus oder wurden auf kleine voneinander isolierte Inselpopulationen reduziert.

Ähnlich verlief die Entwicklung auch im Main-Kinzig-Kreis. War die Art bis in die 1980er Jahren noch vereinzelt auch im Ostkreis anzutreffen, blieben nach der Jahrtausendwende nur noch im Westkreis zerstreute Restbestände. Und mit dem Feldhamster verschwanden vielfach weitere Tiere der Ackerflur, darunter die Grauammer, Wachtel, Rebhuhn und Bluthänfling.    Die Ursache des Rückgangs liegt in den weltweit verschärften landwirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Die Intensivierung der ackerbaulichen Nutzung nimmt ständig zu. Düngung, Herbizideinsatz, Schaffung größerer Schläge, Einsatz größerer Maschinen oder häufigere Flächenbehandlung sind nur einige Faktoren, die hier zu Buche schlagen. Besonders schwer hat es dabei der Feldhamster. Oft werden die Ackerstoppeln direkt nach der Ernte umgepflügt. Die wichtige Deckung als Schutz vor Greifvögeln, Fuchs, Waschbär oder Katze fehlt und durch verbesserte Erntetechnik fällt nur selten ein Getreidekorn auf den Boden. So gelingt es den Tieren kaum noch, genügend Vorrat für den Winter in die unterirdischen Baue einzutragen. Auch Wildkräuter – eine wichtige Nahrungsgrundlage der possierlichen Nager – fehlen auf den großen Ackerschlägen, die nur noch selten von artenreichen Feldrainen und Hecken begrenzt werden.

Weil die possierlichen Hamster in der gesamten Europäischen Union in den letzten 30 Jahren fast ausstarben, regelt die EU-Richtlinie 92/43/EWG aus dem Jahre 1992, besser als Fauna-Flora-Habitat- oder FFH-Richtlinie bekannt, den Schutz der seltenen Nager. EU-weit wird angestrebt, die letzten Populationen in einen „Günstigen Erhaltungszustand“ zu versetzen.

Schutzmaßnahmen
Inzwischen arbeiten auch im Main-Kinzig-Kreis Landwirte und Naturschützer zusammen, um das Aussterben der Art zu verhindern – und der Feldhamster hat sich zu einem sympathischen Werbeträger für den Naturschutz gemausert.     Für Landwirte, die Bodenbearbeitung und Erntezeitpunkt auf die Ansprüche der kleinen Pelztiere abstimmen, winken attraktive Förderprogramme des Landes Hessen über das Hessische Integrierte Agrarumweltprogramm (HIAP), vermittelt über das Amt für den ländlichen Raum in Gelnhausen. Bewirtschaften muss man die neuen Hamster-Areale in jedem Fall. Hamster mögen keine Dauerbrachen. Als typische Bewohner osteuropäischer Steppen kommt der Feldhamster in Mitteleuropa nur in ausgedehnten „Kultursteppen“ vor. Hier bevorzugt Cricetus cricetus warme, lockere Böden mit Getreidebau. Hamster-Maßnahmen reichen von der kurzzeitigen Brache über hamsterfreundlichen Ackerbau mit flacher Bodenbearbeitung und spätem Umbruch bis hin zu nicht abgeernteten Teilflächen. Besonders beliebt sind bei den agilen Untergrundbewohnern die über HIAP geförderten „Hamsterstreifen“ und „Hamster-Mutterzellen“, auf denen das Getreide bis zur Aussaat der Folgekultur stehen bleibt. Die Hamsterstreifen wurden bereits von Landwirten in vielen hessischen Regionen erprobt und sehr gut angenommen. Auch mit der nagerfreundlichen Aussaat besonderer Leckerbissen, wie Gerste, Hafer, Erbse, Ackerbohne, Luzerne oder speziellen Kräutermischungen können sich Landwirte beim Feldhamster beliebt machen.

Gefördert werden durch die Hamster-Maßnahmen auch weitere mittlerweile seltene Arten der Kulturlandschaften wie Rebhühner, Wachteln oder auch Feldlerchen. Besonders der europaweit geschützte Rote Milan freut sich über Hamsterschutzmaßnahmen – stehen gut genährte Feldhamster doch ganz weit oben auf seinem Speiseplan.

Weitere Infos bei Sibylle Winkel (NABU Main-Kinzig), E-Mail: s.winkel@nabu-mkk.de

NABU Spendenkonto „Feldhamster“:
Raiffeisenbank Main-Kinzig BLZ: 506 616 39 Konto-Nr.: 3730018

Stichwort: Feldhamster

NABU Main-Kinzig im Netz: www.NABU-MKK.de

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